Riderman: One Last Dance im Schwarzwald

Mit zwei Tageserfolgen durch Moritz Beinlich & Moritz Palm krönt das Team Strassacker beim Riderman in Bad Dürrheim eine überaus erfolgreiche Rennsaison 2023. Lediglich in der Gesamtwertung des Riderman musste sich das Team trotz einer starken Mannschaftsleistung einmal mehr dem Vorjahressieger und Ex-Worldtour-Profi Marcel Wyss knapp geschlagen geben. Mit den Plätzen 2 (Palm), 3 (Beinlich) und 5 (Biederer) im Gesamtklassement verabschieden wir uns dennoch sehr zufrieden in die Off-Season…

Von Mortiz Palm

Zweifelsohne gilt der Riderman seit einigen Jahren als das härteste Jedermann-Etappenrennen in Deutschland. Wer hier auf dem Podium stehen möchte, muss ein ausgewogener Rennfahrer sein. Anspruchsvolle Strecken, ein Zeitfahren sowie eine hervorragende Organisation des Events durch die Gebrüder Sauser garantieren in jedem Jahr ein hochkarätiges Teilnehmerfeld im Südschwarzwald.

Zum Auftakt erwartete uns am Freitag ein 16km langes Zeitfahren mit ca. 200 Höhenmetern. Aufgrund der Ergebnisse der Vorjahre wussten wir um den enormen Stellenwert des Auftaktzeitfahrens in Hinblick auf die Gesamtwertung des Ridermans. So wurde in den letzten Wochen noch bei einigen Teamfahrern das Zeitfahrequipment optimiert, um bei der Materialschlacht auf Augenhöhe mit der Konkurrenz agieren zu können…

Die vielen Stunden auf dem TT-Bike sollten sich freilich lohnen: Mit 20:06 min konnte ich meine Vorjahreszeit und den (alten) Streckenrekord aus 2022 deutlich unterbieten, auch Moritz Beinlich (20:43), Neuzugang Dennis Biederer (20:54) und Fabian Thiele (21:10) lieferten ein tolles Zeitfahren ab. In der Endabrechnung konnte sich lediglich der Schweizer Marcel Wyss, der erst vor wenigen Jahren den Wechsel vom Worldtour-Profi zum Jedermann-(Profi) vollzogen hat, mit einer starken Zeit von 19:39 min(Streckenrekord) vor unseren GC-Aspiranten platzieren.

Für uns war der Grundstein damit gelegt. Mit vier Fahrern in den Top 10 lagen wir vor der anspruchsvollen Samstagsetappe mit knapp 2000 Höhenmetern in einer aussichtsreichen Position um den Gesamtsieg. Nach einer kontrollierten Anfangsphase, in der insbesondere Lukas und Jannis ihre Kapitäne aus dem Wind und stets in guter Position hielten, ging es bei Kilometer 50 in die entscheidende Phase. Bei einsetzendem Starkregen fuhren wir angeführt von Fabian Thiele eine lange Abfahrt hinab in die Wutachschlucht, das Feld zog sich wegen der schlechten Sichtverhältnisse und des hohen Tempos unmittelbar in die Länge, im gesamten Peloton erklangen quietschende Bremsscheiben.

Kurz darauf lancierte Wyss am Anstieg zur Ewattinger Höhe seine entscheidende Attacke, der lediglich unser stärkster Bergfahrer Moritz Beinlich folgen konnte. Dahinter organisierte sich eine etwa zehnköpfige Verfolgergruppe, in der wir mit vier Fahrern vertreten waren. Während Moritz an der Spitze unter Verweis auf seine Teamkollegen in der Verfolgung die Zusammenarbeit mit Wyss überwiegend verweigerte, starteten Fabi, Dennis, Jonas und ich unsere Aufholjagd im Stile eines Teamzeitfahrens - leider ohne Beteiligung der übrigen Mitstreiter unserer Gruppe. Auf den letzten, stets leicht abfallenden 30 Kilometern sank der Vorsprung erstmalig unter eine Minute. Wyss schienen nach seiner langen Soloflucht langsam aber sicher die Kräfte zu verlassen. Noch beim Einbiegen auf die Zielgerade konnten wir das Führungsduo wenige Meter vor uns sehen, den Anschluss zur Spitze wiederherzustellen gelang uns am Ende aber nicht; ganze 18 Sekunden fehlten im Ziel.

Moritz Beinlich allerdings eröffnete ca. 300 Meter vor dem Zielstrich seinen Sprint und konnte einen völlig erschöpften Marcel Wyss im Duell um den Tagessieg mit spielerischer Leichtigkeit distanzieren und den verdienten Tageserfolg für das Team Strassacker einfahren. Den Sprint der Verfolgergruppe um Platz 3 gewann nach einer entspannten Tagesfahrt im Windschatten des Strassacker-Zugs der Belgier Wannes Heylen für sich.

Sichtlich zufrieden mit dem Tagesergebnis zeigte sich im Ziel auch Teamchef Franco Adamo: „Bei der starken Konkurrenz zu gewinnen, das ist schon etwas sehr Besonderes. Das Rennen war den ganzen Tag spannend, am Ende haben wir heute unsere mannschaftliche Überlegenheit perfekt ausgespielt."

Für die Abschlussetappe, im Unterschied zum Samstag mit deutlich weniger Höhenmetern versehen, hatten wir uns nochmal viel vorgenommen. Über Nacht hatten wir zwar leider zwei Ausfälle zu verkraften, Jonas Kahler (Erkältung) und Chris Mai (Sturzfolgen) konnten am Sonntag nicht mehr bzw. nur mit einem starken Handicap an den Start gehen.

Dennoch: Moritz Beinlich und ich lagen beide nur mit einer knappen Minute Rückstand hinter dem Führenden des Gesamtklassements Wyss. Mit abwechselnden Attacken in Zweier-Pärchen wollten wir diesen von Beginn an unter Druck setzen, um am Ende des Tages doch noch bei dem Kampf um den Gesamtsieg mitreden zu können – aufgrund der ausgezeichneten Zeitfahrqualitäten des Schweizers sowie seiner langjährigen Rennerfahrung aus der World-Tour kein ganz einfaches Unterfangen. Aber kein Grund zu verzagen, wir wollten unser Glück wenigstens versuchen. Praktisch vom Start weg setzten wir den Mann im Leadertrikot unter Druck und attackierten wie geplant ohne Unterlass. Und in der Tat, Marcel Wyss musste immer wieder selbst die Verantwortung übernehmen und unsere Vorstöße neutralisieren. Nach gut dreißig Kilometern mussten wir aber einen Rückschlag einstecken, als Fabi nach einem abermals neutralisierten Angriff infolge eines Zusammenstoßes mit einem anderen Fahrer in der Wiese landete und das Rennen mit gebrochenem Lenker, aber immerhin im Wesentlichen unverletzt, aufgeben musste. Trotzdem suchten wir unser Heil weiter in der Offensive und tatsächlich: Nach rund vierzig Kilometern hatte ich nach einem Antritt plötzlich ein Loch und niemand schien gewillt mir nachzusetzen.

Solo machte ich mich also auf den Weg in Richtung Ziel und konnte meinen Vorsprung zwischenzeitlich auf bis zu 1:30 Minuten ausbauen, was mich zum virtuellen Gesamtführenden machte. Nachdem Marcel Wyss alle seine Helfer aufgebraucht hatte, musste der Leader nun wieder selbst die Führungsarbeit übernehmen. An seinem Hinterrad saßen dabei unentwegt Moritz Beinlich und Dennis und verhinderten so gut es ging eine Zusammenarbeit bei den Verfolgern. Lediglich der Gesamtvierte Wannes Heylen kam Wyss zumindest vorübergehend zur Hilfe. Nach über einer Stunde an der Spitze wurden bei mir so langsam die Beine schwer und ich versuchte, nochmal alle Kräfte zu mobilisieren. Die Zwischenzeiten vom Begleitmotorrad zeigten, dass mein Vorsprung langsam aber sicher schmolz. Trotzdem war die Verfolgergruppe hinter mir bis zuletzt nicht zu sehen und auch die letzte Welle in Aasen sechs Kilometer vor dem Ziel brachte ich allein an der Spitze hinter mich. Als ich schließlich unterm Teufelslappen auf die Zielgerade einbog, war ich mir einigermaßen sicher, dass mein Solovorstoß mit dem Etappensieg belohnt wird. Letztlich konnte ich 16 Sekunden vor dem Feld ins Ziel retten, was mich inklusive Zeitbonifikation bis auf 22 Sekunden an Marcel Wyss heranbrachte. Beinahe hätten wir den großen Favoriten noch zu Fall gebracht!

Mit zwei Etappensiegen und zwei weiteren Podestplätzen im Zeitfahren und den Plätzen zwei, drei und fünf in der Gesamtwertung konnten wir ein fast perfektes Wochenende verbuchen. Mit einer extrem geschlossenen Mannschaftsleistung wäre uns beinah auch der ganz große Coup gelungen, aber das müssen wir uns wohl fürs nächste Jahr aufsparen. Denn mit dem Riderman endet auch unsere wieder sehr erfolgreiche Saison 2023, in der wir zahlreiche Siege feiern durften.

Wir freuen uns schon aufs nächste Jahr und werden alles daransetzen, unsere Erfolge von diesem Jahr zu wiederholen und vielleicht noch das ein oder andere Mal zu übertreffen.