1, 2 und 3 für Team Strassacker

Das Jedermannrennen des Frankfurter Radklassikers Eschborn-Frankfurt ist traditionell ein gutes Pflaster für das Team Strassacker. Wie bei den letzten beiden Austragungen holte die Kunstgießerei-Mannschaft den Sieg. In diesem Jahr gelang ein besonderer Erfolg: ein Dreifachsieg.

Von Fabian Thiele

Nachdem letzte Woche in Göttingen die Teamleistung zwar sehr gut, das Ergebnis aber nicht wirklich zufriedenstellend war, wollten wir es diesen Sonntag besser machen und den ersten Saisonsieg einfahren. Dass dann gleich das gesamte Podium in Celeste erstrahlte, hatten wir allerdings nicht erwartet – aber der Reihe nach.

In der Taktikbesprechung am Samstag hatten wir uns vorgenommen, ein aktives Rennen zu fahren und bereits früh Druck auf die Konkurrenz auszuüben. Ziel war es, unsere mannschaftliche Stärke auszuspielen und nicht erst auf den alles entscheidenden Mammolshainer Stich etwa zehn Kilometer vor Ziel zu warten, um die Entscheidung herbeizuführen. Zuallererst galt es aber, sicher und sturzfrei bis zum Feldberg bei Tageskilometer 35 zu kommen und die kurvige Fahrt durch die Frankfurter Innenstadt unbeschadet zu überstehen. Das hatte ich mir auch selbst als Minimalziel gesetzt, nachdem ich letzte Woche bei meinem Debüt für das Team schon in der Anfangsphase gestürzt war und nicht mehr ins Renngeschehen eingreifen konnte. Angeführt von Daniel Novak, Dominique Jansing, Thomas Krecken und Markus Herms, die das Tempo im Feld kontrollierten, fuhren wir dann auch recht entspannt durch die Häuserschluchten der Finanzmetropole, auch wenn kaum ein Blick für die Wolkenkratzer am Streckenrand blieb. Das gesamte Team fuhr sehr kompakt und aufmerksam. So konnten wir die ersten Klippen weitgehend stressfrei umschiffen, zudem hatte ich das Gefühl, dass im ganzen Feld niemand zu Beginn ein unnötiges Risiko eingehen wollte und man seinem Nebenmann daher etwas mehr Platz einräumte als in einem Rennfinale.

Nach der Ortsdurchfahrt von Oberursel stand mit dem Feldberg der erste Scharfrichter des Rennens an. Elf Kilometer Anstieg bei knapp fünf Prozent warteten auf uns. Von Beginn an war das Tempo relativ zügig, sodass niemandem so wirklich zum Attackieren zumute war. Aus unserem Team beteiligte sich Jannik Wüster an der Tempoarbeit und sorgte dafür, dass das Feld kleiner wurde. So konnten sich unsere Bergspezialisten noch etwas länger schonen.

Ab dem Sandplacken hatten wir geplant, das Rennen zu eröffnen und in die Offensive zu gehen. Zunächst attackierte Phil Peitzmeier und als er gestellt wurde, konterte Nils Kessler. Die Attacke saß und eine Vierergruppe konnte sich absetzen. Für uns eigentlich eine sehr gute Situation: eine kleine gut kontrollierbare Gruppe mit Teambeteiligung. Allerdings war das Tempo vorne horrend und als wir sahen, dass Nils die drei anderen um den wie entfesselt fahrenden Martin Maertens nicht halten konnte, fassten wir hinten den Entschluss, die Lücke wieder zu schließen. Spätestens zu diesem Zeitpunkt flog das Feld auseinander. Moritz Palm, Chris Mai, Sean Feldhaus, Johannes König und Timo Dahlheimer fuhren die Lücke zu, Jonas Kahler und ich versuchten zu folgen, konnten die Hinterräder nicht ganz halten, mir kam das Laktat schon zu den Ohren raus.

Bei der Überfahrt am Feldberg hatte sich vorne eine etwa zehn Fahrer starke Gruppe abgesetzt, circa 20 Sekunden später folgte dann eine 15 Mann große Gruppe. In der Abfahrt schoss Ben Witt dann mit viel Speed an den Verfolgern vorbei, schloss im Stile Vincenzo Nibalis die Lücke zur Spitzengruppe und bewies einmal mehr, warum er im Team als „Hai von Kuppenheim“ gilt. Zur Rennmitte lag also eine rund 30 Fahrer große Gruppe vorne, in der noch knapp zehn Fahrer von Strassacker vertreten waren.

Dementsprechend lag es in unserer Verantwortung, die Gruppe am Laufen zu halten, worum sich Phil Peitzmeier, Ben Witt und Dominique Jansing kümmerten. Wir rollten also recht zügig in Richtung des Ruppertshainer Bergs, der 35 Kilometer vor dem Ziel liegt. Dort hatten wir unsere nächste Offensive geplant: Sean und ich attackierten. Ein Blick nach hinten zeigte: Niemand konnte oder wollte uns folgen, der Schachzug schien also zu glücken. Leider gingen mir hier die Beine ein, während Sean einen absoluten Sahnetag erwischte und voll durchzog: “Nachdem ich so weit vorne über den Feldberg gefahren bin, habe ich richtig Bock bekommen, es am Ruppertshainer zu probieren”, sagte Sean nach dem Rennen. “Die Taktik es an einem kurzen Stich, den man wegdrücken muss zu probieren, passte dann auch perfekt zu meinen Fähigkeiten vom Mountainbiken.”

An der Kuppe hatte Sean schon etwa 20 Sekunden Vorsprung und während er vorne in den Zeitfahrmodus ging, schlug dahinter die Stunde des Teams. Wir neutralisierten jede Konter-Attacke, sodass niemand sich absetzen konnte. Sean war schon bald nicht mehr zu sehen und schließlich setzten wir uns als Team an die Spitze der Gruppe und schlugen ein sehr ruhiges Tempo an. Perfekte Bedingungen für unseren Spitzenreiter: “Für mich war die Streckenführung nach meiner Attacke perfekt, mit den vielen Kurven und Ortsdurchfahrten hatten mich die Verfolger schon bald nicht mehr im Blick und ich konnte mich absetzen.”

Alles konzentrierte sich nun auf die letzte Schwierigkeit des Tages, den Mammolshainer Stich. Mit 2,3 Kilometer und einer durchschnittlichen Steigung von acht Prozent sollte man diesen Anstieg für kein furchteinflößendes Hindernis halten, aber der Berg ist schwerer als es auf dem Papier den Anschein hat. Schon am Fuß ist der Berg richtig steil, bevor kurz vor der Hälfte des Anstiegs der berühmte “Stich” kommt: knapp 300 Meter lang, in der Spitze über 20% steil. Hier geht’s tief in den roten Bereich.

Wie erwartet ging direkt unten die Post ab. Der ersten Attacke aus der Verfolgergruppe heraus konnten von uns nur Moritz, Chris und Timo folgen, dahinter zerfiel die Gruppe in ihre Einzelteile. Ich war einer dieser Splitter und erlebte hier die vielleicht schwersten neun Minuten, die ich je auf dem Rad hatte. Obwohl ich merkte, dass ich eigentlich nicht die Beine hatte, gab ich alles, um doch irgendwie vorne über die Kuppe zu fahren. Jede Faser meines Körpers wollte, dass diese Tortur ein Ende finden möge. Den Jubel der schon zahlreichen Fans am Straßenrand habe ich kaum wahrgenommen.

Während Sean seinen Vorsprung über den Mammolshainer verteidigte, bildete sich hinter ihm eine Verfolgergruppe mit acht Athleten, unter denen sich mit Moritz, Chris und Timo drei Strassackerfahrer befanden. “Im Mammolshainer konnte ich unten der starken Attacke der Gebrüder Maertens nicht unmittelbar folgen. Kurz vor der Kuppe konnte ich dann aber mit einem anderen Fahrer den Anschluss wiederherstellen”, beschrieb Moritz Palm die Rennsituation. Auf den folgenden flachen zehn abschüssigen bis flachen Kilometern bis ins Ziel nach Eschborn sorgten unsere drei Fahrer dafür, dass keine vernünftige Nachführarbeit zustande kam, wie Timo nach dem Rennen erklärte: “Wir sind zwar zu dritt kurz mit durch die Führung gegangen, haben aber verhindert, dass es nochmal schnell wurde.” An der Spitze des Rennens fuhr Sean nun einem ebenso ungefährdeten wie grandiosen Solosieg entgegen. Nach 35 Kilometern alleine im Wind blieb noch genügend Zeit, sich aufzurichten und den Triumph in vollen Zügen zu genießen – der verdiente Lohn für eine Wahnsinnsleistung. “Vor dem Mammolshainer habe ich mir das Tempo gut eingeteilt, damit ich da halbwegs lebend drüber komme, was dann auch super funktioniert hat. Durch die wie in Göttingen perfekte Teamarbeit ist das Feld auf Abstand geblieben und diesmal war das Glück auf unserer Seite, sodass ich als Ausreißer durchgekommen bin.”

Und auch dahinter behielten wir die volle Kontrolle. Praktisch auf der Ziellinie liefen die beiden Gruppen noch zusammen, den Sprint gewann Moritz vor Timo, die von Chris mustergültig angefahren wurden. Moritz: “Chris hat uns mit seinem Leadout perfekt in der Zielkurve abgesetzt, der Sprint auf die Plätze zwei und drei belegt die überragende Mannschaftsleistung.” Jenseits des “Strassacker-Podiums” waren auch die weiteren Zieleinläufe sehenswert: Chris rollte auf Platz fünf über die Linie, Nils folgte auf Rang neun, Ben als zehnter, ich kam etwa als 13. direkt vor Jonas herein. Doch leider werden in Eschborn nur die Plätze eins bis drei nach Zieleinlauf gewertet, ab Platz vier zählt die Nettozeit, was für merkwürdige Ergebnisse sorgte. Wünschenswert wäre hier, wenn wie bei anderen Rennen eine Blockstartzeit genommen wird oder zumindest die ersten 50 Fahrer nach Zieleinlauf gewertet werden. Unter dem Strich blieb für uns ein sehr erfolgreicher Renntag, der vom Sieg in der Mannschaftswertung gekrönt wurde.

So geht es für unsere Mannschaft mit Rückenwind zum nächsten Teamrennen: Rund um Köln. Sieger Sean Feldhaus kann es kaum erwarten: “Ich freue mich jetzt auf die weiteren Rennen mit dem Team, wir sind einfach eine richtig geile Truppe, wo jeder sein Bestes für den Teamerfolg gibt!”

Die Ergebnisse der Skoda-Velotour gibt es hier einzusehen.